Gesetzliche Pflegeversicherung. Ihre Leistungen sind für Pflegebedürftige sehr wichtig, auch wenn sie meistens nicht ausreichen. Wird ein Mensch pflegebedürftig, braucht er Hilfe, etwa durch Familienmitglieder oder Pflegefachkräfte. Finanzielle Unterstützung bietet die gesetzliche Pflegeversicherung.
Das Wichtigste in Kürze
Pflegeleistungen für alle Bedürftigen
- Versicherungspflicht.
- Jeder, der gesetzlich oder privat krankenversichert ist, ist automatisch in der gesetzlichen Pflegeversicherung versichert.
- Beitragssatz.
- Der Beitrag zur Pflegeversicherung liegt für gesetzlich Versicherte bei 3,05 Prozent ihres Bruttoeinkommens, wenn sie Kinder haben und 3,3 Prozent für Kinderlose (Stand 2021). Privat Versicherte zahlen einen individuell ermittelten Beitrag. Es gibt eine gesetzliche Obergrenze.
- Leistung auf Antrag.
- Um Leistungen erhalten zu können, müssen gesetzlich Versicherte Pflegeleistungen bei der Krankenkasse beantragen, privat Versicherte bei ihrem Krankenversicherer. Voraussetzung ist, dass jemand länger als sechs Monate auf Unterstützung im Alltag angewiesen ist.
- Begutachtung.
- Pflegebedürftigkeit muss gutachterlich bestätigt werden. Für gesetzlich Versicherte ist dafür der MDK zuständig, für privat Versicherte die Firma Medicproof.
- Pflegegrad
- . Das Pflegegutachten legt fest, ob und wie viel Hilfebedarf ein Mensch hat und in welchen Pflegegrad von 1 bis 5 er deshalb eingestuft wird. Je höher der Pflegegrad, früher Pflegestufe genannt, desto höher sind die Leistungen.
Wenn plötzlich Pflege nötig ist
Eine Pflegebedürftigkeit kann sich einschleichen oder plötzlich auftreten, zum Beispiel nach einem Unfall oder infolge eines Sturzes, Herzinfarkts oder Schlaganfalls. Angehörige müssen reagieren und fühlen sich oft überfordert. Von einem auf den anderen Moment verändert sich auch ihr Leben – vor allem dann, wenn sie selbst die Pflege eines Angehörigen übernehmen wollen. Hausnotruf, Pflegegrad, ambulanter Dienst – es gibt jede Menge neuer Begriffe, Informationen und Ansprechpartner. Es ist schwer, einen Überblick zu gewinnen. Informiert zu sein ist aber wichtig. Wer nicht weiß, was ihm zusteht, bekommt wichtige Leistungen nicht. Deshalb sagen wir auf den folgenden Seiten,
- wie Familien die Pflege eines Mitglieds sicherstellen können,
- welche Leistungen Pflegebedürftigen und Angehörigen zustehen,
- wie sie sie abrufen können und
- wer sie dabei unterstützt.
Gesetzliche Pflegeversicherung seit 1996
Jeder Mensch, der in Deutschland gesetzlich oder privat krankenversichert ist, ist automatisch auch pflegeversichert. Die gesetzliche Pflegeversicherung ist eine Pflichtversicherung, es gibt sie seit 1996. Neben gesetzlicher Unfall-, Kranken-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung ist sie der jüngste Zweig der Sozialversicherung. Die Vorschriften dazu stehen im Elften Sozialgesetzbuch, SGB XI.
Mehr als sechs Monate Hilfebedarf
Gesetzlich und privat Versicherte können auf Antrag Leistungen aus der Pflegeversicherung erhalten, wenn sie mehr als sechs Monate auf Unterstützung und Pflege einer anderen Person angewiesen sind. Der Hilfebedarf wird durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) oder die Firma Medicproof (private Versicherte) festgestellt. Antragsteller auf Pflegeleistungen werden begutachtet und bei Pflegebedürftigkeit in einen von fünf Pflegegraden eingestuft. Je höher der Pflegegrad, desto höher ist die Leistung.
Keine Leistung bei vorübergehendem Bedarf
Ist jemand nach einem Unfall oder einer Krankheit nur für einige Wochen oder Monate auf Unterstützung angewiesen, hat er keinen Anspruch auf Leistungen der Pflegekasse. Dann sind die Krankenkasse, der private Krankenversicherer oder die Unfallkasse für die Leistungen zuständig.
Versicherungspflicht für Krankenversicherte
Die Pflegeversicherung ist an die gesetzliche Krankenkasse des Versicherten angegliedert. Privat Krankenversicherte sind in der privaten Pflegeversicherung – auch Pflegepflichtversicherung genannt – versichert. Die Leistungen der Pflegepflichtversicherung sind denen der sozialen Pflegeversicherung gleichwertig. Privat Versicherte können bis zu sechs Monate nach Abschluss eines Krankenversicherungsvertrags die Pflegepflichtversicherung auch bei einem anderen Unternehmen abschließen.
Kostenerstattungsprinzip für privat Versicherte
Wie bei der privaten Krankenversicherung gilt für die Pflegepflichtversicherung das Kostenerstattungsprinzip: Sachleistungen wie etwa die Pflege durch den Pflegedienst muss der privat Versicherte aus eigener Tasche vorstrecken, bevor er sich seine Ausgaben vom Privatversicherer zurückholt.
Beitrag für gesetzlich Versicherte
Der Beitragssatz zur sozialen Pflegeversicherung liegt bei 3,05 Prozent des Bruttoeinkommens für gesetzlich Versicherte mit Kindern. Kinderlose zahlen 3,3 Prozent. Der Beitrag geht am Ende des Monats vom Bruttolohn ab.
Beitrag für Privatversicherte
Der Beitrag für privat Versicherte zur Pflegepflichtversicherung errechnet sich unabhängig von ihrem Einkommen, aber abhängig von ihrem Alter und Gesundheit bei Vertragsschluss. Ein Teil des Beitrags wird für die so genannte Alterungsrückstellung verwendet, um starke Beitragssteigerungen im Alter abzufedern. Mit steigendem Alter steigt auch das Pflegerisiko. Das Gesetz sieht aber eine Obergrenze vor: Ein privat Pflegeversicherter wird nie mehr zahlen als ein Versicherter der sozialen Pflegeversicherung. Ohne Beihilfeanspruch sind das 147,54 Euro (2021), bei kinderlosen Versicherten knapp 160 Euro, mit Beihilfe die Hälfte des Betrags. In der Praxis zahlen privat Versicherte heute deutlich weniger, Arbeitnehmer erhalten in der Regel einen Zuschuss zur Pflegeversicherung.
Leistung mit Lücken
Für eine gute Pflege durch Pflegekräfte zu Hause oder im Heim ist viel Geld nötig. Vor allem, wenn es keine Hilfe von Familienmitgliedern gibt. Die Pflegeversicherung deckt nicht das volle finanzielle Risiko ab. Nur ein Teil der Pflegekosten für die häusliche und stationäre Pflege wird übernommen. Den anderen Teil zahlen Versicherte aus eigener Tasche.
Eigene Kosten für Pflege kaum abschätzbar
Niemand kann im Voraus wissen, ob und in welchem Pflegegrad er pflegebedürftig wird und wie viele Jahre er dann noch lebt. Nach dem Pflegereport der Barmer GEK mussten Frauen vom Beginn ihrer Pflegebedürftigkeit bis zu ihrem Tod im Durchschnitt etwa 45 000 Euro aus eigener Tasche für ihre Pflege zuzahlen. Im Einzelfall können Pflegekosten aber auch mehrere Hunderttausend Euro betragen, von denen die gesetzliche Pflegeversicherung einen Teil übernimmt.
Das Sozialamt springt ein
Reichen Rente und Erspartes nicht für den Eigenanteil, leistet das Sozialamt „Hilfe zur Pflege“. Die Behörde prüft dann, ob unterhaltspflichtige Kinder einen Teil der Kosten übernehmen können. Seit 2020 gilt eine sehr hohe Einkommensgrenze, so dass Kinder in diesen Fällen nur noch selten zuzahlen müssen.
Private Pflegezusatzversicherung
Wer sichere und absehbar auch als Rentner ausreichend hohe Einkünfte hat, kann in jüngeren Jahren den Abschluss einer privaten Pflegezusatzversicherung in Erwägung ziehen. Sie kann die Lücke zwischen der Leistung der gesetzlichen Pflegeversicherung und den tatsächlichen Pflegekosten schließen. Je nach Pflegegrad zahlt der Versicherer einen vertraglich vereinbarten Betrag aus. Finanztest hat 33 Pflegetagegeldversicherungen untersucht. Diese Variante ist die verbreitetste private Pflegezusatzversicherung.
Quelle: Stiftung Warentest